„Darf ich Morgen wieder in die
Sundarbans?“ „Nein, deine Papiere sind abgelaufen.“ Von wegen ich kann bleiben
so lange wie ich will. „Ist es heute noch möglich ein bewohntes Eiland zu
besuchen?“, möchte ich wissen. „Ja, das ist möglich.“, meint Saptashe. Dann kann
ich wenigstens noch die ortsansässigen Inselbewohner fotografieren.
Auf dieser, von uns besuchten
Sundarbaninsel sind alle Häuser aus Erde gebaut und mit typischen
Schilfrohrdächern eingedeckt. Sie besitzen viele idyllische Fischteiche die von
rot blühenden Hibiskusgewächsen,
Phoenix- und Kokospalmen gesäumt sind. Aus den Exkrementen der Rinder fertigen
sie eine Art Kohlenanzünder und Brennmaterial an. Es gibt sogar eine Schule aber
kein Krankenhaus. Einen Arzt haben sie nur auf der Hauptinsel.
Auf der Rückfahrt am Abend haben
wir noch zwei großartige Axishirsch Begegnungen und erleben darüber hinaus
noch
einen einzigartigen Sonnenuntergang. Von den heimfahrenden Fischerbooten wird
uns wieder beschwingt zu gewunken. „Ob meine Crew heute endlich mal einen
ruhigen Ankerplatz hat“, möchte ich wissen. „Ja, wir fahren, nachdem wir den
Policeguide abgesetzt haben, in unser Dorf Satjalya“, antworteten alle. Na das
ist ja mal eine gute Ansage! Da es schon dunkel ist und wir gerade Ebbe haben,
müssen wir weiter weg anlanden. Nach knapp 20 min. Fußmarsch erreichen wir das
Haus von Surjyakanta Sarkar. Gleich werde ich vom halben Dorf umlagert. Jeder
möchte auf das leuchtende Display meiner Digitalkamera schauen. Als ich einfach
den Auslöser betätige, ist die Menge außer Rand und Band. Allesamt möchten sich
nun auf dem Bildschirm sehen. Überfreudiges Gedränge um mich herum. Frenetische
Freudenschreie und lautes Gekicher überall. Als ich einige kleine
Kinderspielsachen aus meiner Umhängetasche heraushole, geht die Party erst
richtig los. Ein junger Mann wird auf eine hohe Palme geschickt, um für mich
eine Kokosnuss zu ernten. Schnell ist er wieder unten und mit leichter Hand wird
sie mit einer scharfen Machete geöffnet. Als ich zum Trinken ansetze jubelt die
Menge. Eine Übernachtung in Surjyakantas Haus wird mir angeboten. Schade das
unser Boot so weit weg liegt. Ich hätte gerne eine Nacht hier logiert.
Am nächsten, zeitigem Morgen,
mit einsetzender Flut können wir direkt Vorort anlanden und es steht noch ein
Inselrundgang mit Surjyakanta an. Auf einem kleinen Fischerboot soll ich
unbedingt mal mitfahren. „Wann war das letzte mal ein Tiger auf eurer Insel und
hat einen Menschen getötet?“, möchte ich von ihm wissen. „Das war 1998 und der
Mann hieß Shippadadh Mollik.“ Dann fällt ihm ein: „Nein, das
letzte Mal war
neunzehnhundertzweitausendeins und der Mann hieß Subhas Sarkar.“
Aladin
möchte unbedingt zurück nach Kalkutta. Seinen dunklen Anzug hat er schon
provokant angezogen. Das kommt ja überhaupt nicht infrage, schließlich habe ich
diesen Tag auch bezahlt und in die gellende Großstadt können wir auch abends
anreisen. „Ich kann im
Dunkeln
nicht fahren die Straße ist so schlecht.“ Ich
gebe ihm zu verstehen, dass ja nur das erste Stück der Wegstrecke nicht gut ist.
Wenn wir zwei Stunden vor Einbruch der Dunkelheit losfahren, reicht das aus.
Aladin ist nicht gerade entzückt. Mit viel Mühe kann ich ihn davon überzeugen,
dass wir einige Sundarbaninseln außerhalb des Nationalparks noch anfahren
können. „Ja, das ist möglich.“ Warum nicht gleich so? Jetzt springt wenigstens
noch ein glitschiger Landgang für mich heraus. Noch im nebelverhangenem
Morgengrauen lotsen wir die Maa-Tara in tiefes Fahrwasser. Am steil aufragendem
Ufer winken uns viele Insulaner zum Abschied hinterher.
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