gleichfalls. Saptashe gibt mir zu verstehen, dass wir bei Sonnenuntergang den Nationalpark verlassen haben müssen. „Können wir nicht innerhalb irgendwo vor Anker gehen?“ „Nein, dass ist nicht möglich.“ „Warum nicht? Es gibt weder Kontrollen noch Patrouillenboote.“ „Nein das ist nicht möglich.“ Kurz vor Sonnenuntergang setzen wir den pedantischen Policeguide auf seiner kargen Heimatinsel ab. Morgenfrüh um 7.00 Uhr wollen wir uns hier wiedertreffen.

Am Abend müssen wir wieder einkaufen. Die Jungs sind nur in der Lage Proviant für einen Tag zu organisieren. „Habt ihr für heute Nacht wenigstens einen ruhigen Ankerplatz?“ „Ja.“ Sie fahren zwar woanders hin aber das Wasser trägt den gedämpften Schall auch bis hierher. Morgens um 6.00 Uhr erdröhnt von irgendwoher arabische Musik - aber volle Pulle. Die Crew will nicht aufstehen. Wir müssen doch um 7.00Uhr den Saptashe abholen. Außerdem brauche ich das weiche Morgenlicht für die Fotos. Auch kann man die Vögel nur morgens beobachten. Das interessiert hier aber niemanden, außer mir. Zögerlich und nur schleppend wird das Boot nun klar gemacht. Es ist bereits 7.00 Uhr durch, da fällt dem Koch ein, dass er gar kein Wasser zum Kochen hat. „Warum hast du gestern Abend das Wasser nicht gekauft?“ „Wasser kann man nur morgens kaufen.“ Warum hast du gestern Morgen nicht gleich für zwei Tage Wasser gekauft?“ Die Antwort bleibt er mir noch weitgehend schuldig. Um 7.40 Uhr (21 °C) wird seelenruhig der Anker aus 14 m Tiefe gehievt. Im Schritttempo fahren wir zum Wasserholen. Auch dieses zieht sich in die Länge. Gegen 8.20 Uhr erreichen wir den ausgemachten Treffpunkt. Saptashe steht am Ufer und meint, er wartet schon seit 7.00 Uhr. Ich gebe ihm zu verstehen, dass er dem Bootsmann heute besser einweisen soll. Bei dem Kommando “Stopp“ soll er den Motor ausschalten und nicht so wie gestern erst wenn wir am Fotomotiv vorbei sind. Abhijit und Khakan waren ständig am Plaudern oder telefonierten mit ihren Handys und achteten nicht auf entscheidende Handzeichen wie “Langsam“ oder “Stopp“. Aladin lag den halben Tag auf Deck und schlief. So sind mir viele wichtige Aufnahmen durch die Lappen gegangen. Heute wollen sie besser aufpassen, aber das nutzt mir nichts, denn derzeit ist überhaupt nichts los. Alles wie ausgestorben. Gestern war hier noch das blühende Leben! Erst am Nachmittag tut sich wieder etwas. In einer Lagune fischen Kormorane. In einer weiteren überraschen wir ein Otterpärchen, das blitzschnell im nahen Bau verschwindet. Ein edler Fischadler fliegt würdevoll in die Höhe. Auch eine neue Tigerspur können wir auffinden. Die frischen Tatzenabdrucke sind staunenswert. Beim Näherkommen sehen wir, dass es zwei Tiger waren. Haufenweise grauer Schlammspringer zappeln sonderbar und eidechsenähnlich auf dem feuchten Morast umher. Eine einzigartige Fischart bei der die Schwimmblase fehlt und die sich für längere Zeit außerhalb des Brackwassers aufhalten kann. In einem Seitenfluss am Ufer liegt wieder ein Baumstamm. Beim Herankommen stellen wir fest, der Baumstamm ist auch ein Baumstamm. Bald liegt auf Steuerbord ein großes Krokodil am Ufer. Jetzt hatten Saptashe und ich geplaudert und das mächtige Reptil viel zu spät entdeckt. Schleunigst mit langer Brennweite eins, zwei Sicherheitsfotos. Abhijit soll das Boot weg vom Ufer manövrieren, denn das verschüchterte Krokodil soll nicht wieder so schnell in den nahen Fluss flüchten. So nun noch ein Foto in aller Ruhe. Das hat geklappt. Jetzt noch die Filmaufnahme - zu spät. Das Tier gleitet in das Wasser, taucht aber nicht gleich ab, sondern schwimmt noch ein ganzes Stück. Doch ich bekomme die Kamera so schnell nicht mehr startklar. Als wir um eine Insel herum fahren steht plötzlich und mutterseelenallein ein wunderschönes und weißgeflecktes, rotbraunes Axishirschkälbchen am schattigen Ufer.

Der Axishirsch fällt durch seine weiße Fleckung auf. Er erreicht bei 135-150 cm Leibeslänge nur 90- 95 cm Schulterhöhe und  dürfte, soweit die Färbung in Betracht kommt, einer der schönsten, wenn nicht der schönste aller Hirsche sein. Alfred Brehm

 

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