Hier in Varanasi, der Stadt mit der schimmernden Seide und den goldenen Tempeldächern, gilt Indien als am indischsten. Sie ist das “Mekka“ der Hindus. Varanasi zählt als der wichtigste Wallfahrtsort des Landes. Wer hier ablebt kehrt in den ewigen Zyklus des Lebens zurück. Hier stirbt man nicht um zu entscheiden sondern um Wiedergeboren zu werden. Während einer Kahnfahrt am Westufer des Ganges werde ich Augenzeuge eines Toten- Verbrennungsrituals. Vor den abgewirtschafteten Tempeltürmen alter Paläste, neben den breiten Natursteintreppen im Schatten vergangener Pracht,  lodern hoch die geweihten Flammen. Der vorher im Ganges gewaschene und in herrliche Tücher gehüllte Leichnam ist seiner Reinkarnation nun nahe. Klapprige Greise und verelendete Kranke aus ganz Indien schmachten hier nach dem Tod. Es zeigt sich ein betrübtes Bild des Jammers. Das Fotografieren ist absolut verboten!

Aus einem anderen Ruderboot klettert routiniert ein zudringliches Blumenmädchen zu mir an Bord. Wie viele Familienmitglieder ich in Deutschland hätte, möchte sie gerne wissen. Für jeden Angehörigen zündet sie nun ungeheißen ein Öllämpchen, das sich in einem Schälchen aus orangefarbenen Blüten befindet, an. Diese soll ich augenblicklich im Ganges schwimmen lassen und just erstellt sie mir eine aufwendige Zeche. Hinter dem Rücken des Mädchens verzieht der Ruderer sein Gesicht und schüttelt verneinend seinen Kopf. Ich soll mit dem Betrag nach unten gehen. Wir einigen uns auf die Hälfte des angegebenen Preises. Bei Sonnenuntergang werden die wohlhabenden Ausflügler auf dem Ganges hunderte Lichtschälchen flussabwärts treiben lassen.

 

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